Am Anfang ist das Boot

Am Anfang ist das Boot. Ohne Boot ist alles Theorie und Vision. Sobald das Boot da ist, wird alles konkret. Aus der Vision wird ein Plan, aus den 100 Möglichkeiten, wie und wo wir das Projekt starten wird eine gewählt. Und die Umsetzung beginnt.

Ich, Martin, schaue seit Jahren nach Booten. Eigentlich immer, seid ich das letzte Boot verkauft habe. Damals war es ein klassisches Segelboot mit einem Rumpf, eine Bavaria 45. Sie segelte gut und war komfortabel. Trotzdem sollte es diesmal ein Mehrrumpf-Boot sein. Ein Katamaran segelt zwar nicht so gut, bietet aber viel mehr Platz und ist komfortabler. Das ist ein bisschen wie Auto oder Motorrad fahren. Auf dem Motorrad lege ich mich in die Kurve, gehe dynamisch mit. Im Auto legt sich nichts in die Kurve aber ich habe Platz und bleibe warm und trocken. Nachdem ich etliche Katamarane der erschwinglichen Charter-Klassen, vornehmlich Lagoons oder Balis gesegelt bin, war ich zunehmend enttäuscht. Die Katamarane fahren schrecklich am Wind, d.h. man kann keine Höhe laufen. Oft sind sie schwer und brauchen viel Wind, um überhaupt in Schwung zu kommen. Will man wiederum vor dem Wind fahren hat man erneut Probleme, eigentlich kann man so richtig gut nur mit halbem Wind fahren. Entsprechend taten wir uns mit der Entscheidung schwer. Alles fühlte sich wie ein Kompromiss an und das bei einem Preis, bei dem mir wirklich mulmig wurde.

Und dann fand ich die Neel. Ich habe sie nur einmal in Fahrt gesehen in der Karibik, wo ich angestrengt versuchte, mit meinem Charter-Katamaran mit ihr Schritt zu halten – obwohl sie gerefft fuhr und ich unter Vollzeug. Als ich sie dann in Anzeigen fand war ich sofort begeistert. Sie schien alles zu verbinden: Geschwindigkeit, Höhe Laufen und einen komfortablen Wohnraum auf einer Ebene. Wir brauchen ja keine vier Kabinen mit vier Bädern – wir wollen gemeinsamen Raum für Austausch unter Freunden oder auch nur angenehmen Platz zu zweit. Als ich dann irgendwann eine Anzeige fand, die plötzlich preislich in eine Größenordnung ging, die wir uns leisten konnten, ging die Entscheidung plötzlich rasend schnell.

Wir haben das Boot tatsächlich blind gekauft oder zumindest angezahlt. Im Dezember ging es dann zum Testen und Begutachten mit einem professionellen Gutachter. Ich war so aufgeregt, dass ich gar nicht klar denken konnte. Ich war mehr als froh, den Profi dabei zu haben. Und dann hatten wir plötzlich ein Boot!

Und was für eins! Eine Neel 43, ein Trimaran. Noch heißt sie Kefalonia und ist aus einer insolventen Charterfirma aber sie wird unser zuhause werden für lange Zeit, wird uns über Ozeane bringen, wird uns zu Menschen, Inseln und Wundern der Natur bringen! Sie wird Raum für uns sein, für unsere Freunde, für Studierende, für Menschen, die wir kennenlernen, mit denen wir sprechen, tanzen, kochen und träumen werden.

Wir lieben das Boot. Wir kriechen in jede Ecke, versuchen alles zu verstehen, sind mega aufgeregt. Wir machen die erste Probefahrt und können es nicht glauben. Wir haben fast keinen Wind, nur 5kn wahren Wind und unser Probefahrt-Skipper schaltet den Motor aus. Wir setzen Segel und bei 5kn wahrem Wind fahren wir hoch am Wind fast 5kn durchs Wasser. Für den das alles Segler-Latein ist: Das ist schweineschnell! Ein Lagoon-Katamaran oder auch die Bavaria 45 hätten sich bei dem Wind kaum bewegt. Die Neel springt an wie eine kleine Jolle und rennt bei fast keinem Wind los. Wahnsinn!

In der Nacht will uns das Universum noch einmal verdeutlichen, worauf wir uns einlassen. Der Mistral pfeift mit in Böen Orkanstärke (>60kn = 110km/h) aus den Bergen. In unserem Hafen sind es „nur“ 50kn und wir machen praktisch kein Auge zu. Der Hafenmeister warnt uns, dass wir die Nacht so wohl kaum ohne Schäden überstehen werden und wir setzen zusätzliche Festmacher und Fender. Das Boot zerrt die ganze Nacht an den Leinen, es kracht und rumst, der Wind pfeift. Wir sind froh, dass wir im Hafen liegen auch wenn der Betonpier verdammt nah kommt. Am nächsten morgen sind wir völlig gerädert aber unsere Zuversicht ungebrochen. Solche Nächte gehören halt auch dazu. Das gute ist, dass man sie im nachhinein oft vergisst :-).

Auf jeden Fall sind wir überglücklich mit unserem Boot. Jetzt kann die Sache losgehen! Es gibt 1000 Dinge zu tun, am Boot, in der ganzen Vorbereitung. Aber wir wissen jetzt, wie es losgeht und wo es losgeht!

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